Vor einigen Tagen habe ich meinen Bescheid über den Grundsteuermessbetrag erhalten! Obwohl ich denke, dass ich nicht gerade der Dümmste bin, konnte ich damit überhaupt nichts anfangen oder gar einschätzen, ob der korrekt ist oder nicht. Also hab ich mich mal auf die Suche gemacht und recherchiert! Jetzt weiß ich, wie ich den Bescheid prüfen kann! Das ist nämlich wichtig, denn wenn der Bescheid falsch ist, kann man Einspruch einlegen. Andernfalls zahlt man in der Zukunft zuviel an Steuern. Und wer will das schon?
Im Folgenden zeige ich Euch auf, wie Ihr selbst den Bescheid prüfen könnt:
Die Anleitung gilt aber nur für Eigentümer in der Wetterau, da es bestimmte Merkmale gibt, die in anderen Landkreisen anders bewertet werden.
So könnt ihr den Bescheid prüfen
Auf der 1. Seite findet Ihr unter Erläuterung die Berechnungsmethode des Grundsteuermessbetrages. Wenn Ihr das verstanden habt, ok! Aber da wisst Ihr immer noch nicht, ob das Finanzamt richtig gerechnet hat, denn Ihr müsst die Berechnungsparameter überprüfen. Diese findet Ihr alle auf der Seite 3. Denn:
Wichtig ist eigentlich nur die Seite 3!
Grundstücksfläche
Bodenrichtwert (BRW)
Durchschnittlicher Bodenrichtwert (BWR) Eurer Gemeinde
Wohn- und Nutzfläche
Wenn Ihr auf Anhieb beurteilen könnt, dass diese Werte vom Finanzamt korrekt übernommen wurden, dann könnt Ihr davon ausgehen, dass der Bescheid so korrekt ist und ein Einspruch vielleicht wenig Sinn macht. Denn die restlichen Berechnungen und Berechnungsparameter basieren auf gesetzlichen Grundlagen.
Für alle, die sich nicht sicher sind und die gerne wissen möchten, wie man die Berechnungsparameter überprüfen kann, im Folgenden die ausführliche Erläuterung. Ich erläutere die einzelnen Berechnungsschritte in der Reihenfolge im Grundsteuermessbescheid auf Seite 3.
Wichtig: Die Frist zum Einspruch beträgt einen Monat! Sei beginnt mit Ablauf des Tages, an dem Euch der Bescheid bekannt gegeben ist! Bei Zusendung durch einfachen Brief oder Zustellung mittels Einschreiben durch Übergabe gilt die Bekanntgabe mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, dass der Bescheid zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.
Genaueres findet Ihr auf dem Bescheid auf Seite 2 unter „Rechtsbehelfsbelehrung“.
1. Grundstücksfläche
Hier könnt Ihr zuerst Eure Grundstücksdaten prüfen. Prüft hier, ob die Grundstücksfläche (im Feld „Steuerpflichtige Fläche des Grund und Bodens“ richtig ist. Die Grundstücksfläche könnt Ihr im Grundbuchauszug des Grundstückes nachlesen. Die Fläche des Grundstücks findet Ihr im Grundbuchauszug auf der Seite 2, dem sogenannten „Bestandsverzeichnis“.
Habt Ihr keinen Grundbuchauszug, kann ich gerne online einen für Euch beantragen. Wenn Ihr dies wünscht, bitte melden.
Bei einer Eigentumswohnung ist auch angegeben, wie hoch Euer Anteil am Flurstück ist. Diesen kannst Du ebenfalls mit dem Grundbuchauszug prüfen. Die Miteigentumsanteile stehen ebenfalls im Bestandsverzeichnis, in welchem auch die Fläche angegeben ist.
2. Bodenrichtwert (BRW)
Dann prüft Ihr den Bodenrichtwert. In diesem Beispiel (siehe 1.) 300 €. Diesen könnt Ihr überprüfen im Geoportal Hessen. Einfach dort zuerst die Nutzungsbedingungen mit „weiter“ bestätigen und anschließend oben im Suchfeld die Adresse, beginnend mit Straße, eingeben. Es erfolgen dann bereits entsprechende Vorschläge. Einfach Eure Adresse auswählen. Der Bodenrichtwert wird dann in der Nähe Eures Grundstückes angezeigt (siehe blauer Pfleil).
3. Durchschnittlicher Bodenrichtwert (BRW) Eurer Gemeinde
In folgender Tabelle können Ihr, sofern Ihr aus der Wetterau kommt, den durchschnittlichen Bodenrichtwert (BRW) Eurer Gemeinde oder Stadt ablesen und entsprechend mit den Angaben auf Eurem Bescheid prüfen. Die offizielle Tabelle des Landes Hessen hierzu könnt Ihr hier runterladen. Dort finden auch alle anderen Hessen die durchschnittlichen Bodenrichtwerte (BRW) ihrer Gemeinden.
Gemeinde / Stadt | Durchschnittlicher Bondenrichtwert der Gemeinde |
Altenstadt | 167 |
Bad Nauheim | 370 |
Bad Vilbel | 665 |
Büdingen | 128 |
Butzbach | 138 |
Echzell | 111 |
Florstadt | 137 |
Friedberg | 297 |
Gedern | 55 |
Glauburg | 96 |
Hirzenhain | 45 |
Karben | 320 |
Kefenrod | 45 |
Limeshain | 155 |
Münzenberg | 129 |
Nidda | 70 |
Niddatal | 220 |
Ober-Mörlen | 209 |
Ortenberg | 61 |
Ranstadt | 80 |
Reichelsheim | 123 |
Rockenberg | 155 |
Rosbach v.d.Höhe | 297 |
Wolfersheim | 110 |
Wöllstadt | 258 |
4. Wohn- und Nutzfläche
Die entsprechende Wohn- und Nutzfläche habt Ihr bei der Abgabe der Grundsteuererklärung angegeben. Stimmen die Daten im Grundsteuermessbescheid überein, dann ist es OK. Ansonsten Einspruch!
Wenn Ihr nicht sicher seit, ob die Wohn- und Nutzfläche korrekt ist, könnt Ihr dies nochmals anhand Eurer Bauunterlagen prüfen. Dort sollte es in aller Regel (zumindest bei Immobilien jünger als ca. 1980) entsprechende Wohn- und Nutzflächenberechnungen eines Architekten geben. Auch eine Nachfrage beim zuständigen Bauamt kann weiterhelfen, da dort zu jeder Immobilie entsprechende Bauakten geführt werden. Die Bauakten enthalten Grundrisspläne, Statiken, Baupläne und alle Schriftstücke, die mit dem Bauvorhaben im Zusammenhang stehen. Vielleicht hilft auch ein Blick hier bei der Kreisverwaltung des Wetteraukreises. Denn dort werden ebenfalls alte Bauakten geführt.
Wer keine Ahnung über die Wohn- und Nutzfläche und auch keine Bauunterlagen findet, kann dies durch professionelle Anbieter erstellen lassen. Hier mal ein paar Links zu entsprechenden Anbietern:
Habt Ihr festgestellt, dass ein Wert oder mehrere Werte in dem Bescheid nicht korrekt wiedergegeben sind, solltet Ihr Einspruch einlegen! Zumindest dann, wenn größere Flächen oder höhere Werte als tatsächlich vorhanden, angegeben sind. 😉
5. Berechnungsverfahren
Habt Ihr Eure individuellen Immobilienwerte überprüft und sind diese korrekt, könnt Ihr nun die Berechnung selber überprüfen.
Wir nehmen mal als Beispiel für die Berechnung mal eine Immobilie ganz bei mir in der Nähe, nämlich aus dem schönen Neubaugebiet in der Sang in Ober-Rosbach. Es handelt sich um eine Doppelhaushälfte mit einem Grundstück von 400,00 qm Größe und einer Wohnfläche von 150 qm.
Auf der Seite 3 des Steuerbescheides seht Ihr vier fettgedruckte Zahlen. Diese fettgedruckten Zahlen sind das Ergebnis der jeweiligen Berechnungen und ich bezeichne die mal wie folgt:
Faktor Bodenwert
Produkt Grund und Boden
Produkt Wohnfläche
Steuermessbetrag
1. Faktor Bodenwert
Am Beispiel unserer Immobilie in Rosbach in der Sang wollen wir dies nachrechnen:
Bodenrichtwert in der Sang ist 500 € je qm.
Der durchschnittliche Bodenrichtwert der Stadt Rosbach v.d.Höhe ist 297 € je qm.
Die Berechnungsformel für den Faktor Bodenwert lautet:
(Bodenrichtwert 500 / Durchschnittlichen Bodenrichtwert 297) ^ 0,03 = 1,01574901
Das Ergebnis wird auf die zweite Nachkommestelle abgerundet. Also beträgt der Faktor Bodenwert 1,01.
2. Produkt Grund und Boden
Hier wird der Produktfaktor für Grund und Boden berechnet. Prüft hier, ob der Wert korrekt von oben (1. Grundstücksfläche) korrekt übernommen wurde.
Die Gesetzesteste für den „Ansatz“ und die „Steuermesszahl“ findet ihr durch anklicken auf das jeweilige Wort.
Am Beispiel unserer Immobilie in Rosbach in der Sang wollen wir dies nachrechnen:
Wir unterstellen einmal beispielhaft eine Grundstücksgröße von 400 Quadratmeter (qm).
Die Berechnungsformel für das Produkt Grund und Boden lautet:
Fläche Grund und Boden 400 x 0,04 = Flächenbetrag von 16,00 €
Da der Flächenbetrag mit 100% mutlipliziert wird, ist der Flächenbetrag auch gleich der Produktfaktor für Grund und Boden. Also beträgt der Faktor für das Produkt Grund und Boden 16,00 €.
3. Produkt Wohnfläche
Hier wird der Produktfaktor für die Wohnfläche berechnet. Prüft hier, ob der Wert korrekt von oben (4. Wohn- und Nutzfläche) korrekt übernommen wurde.
Die Gesetzesteste für den „Ansatz“ und die „Steuermesszahl“ findet ihr durch anklicken auf das jeweilige Wort.
Am Beispiel unserer Immobilie in Rosbach in der Sang wollen wir dies nachrechnen:
Wir unterstellen einmal beispielhaft eine Wohnfläche von 150 Quadratmeter (qm).
Die Berechnungsformel für das Produkt Wohnfläche lautet:
Wohnfläche 150 x 0,50 €/qm = Flächenbetrag von 75,00 €
Flächenbetrag 75,00 € * Steuermesszahl 70,00% = Produkt 52,50 €
Also beträgt der Faktor für die Wohnfläche 52,50 €.
4. Berechnung Steuermessbetrag
Am Beispiel unserer Immobilie in Rosbach in der Leimenkaut wollen wir dies nachrechnen:
Die Berechnungsformel lautet:
(Produkt Grund und Boden Wohnfläche 16 € + Produkt Wohnfläche 52,50) = Ausgangsbetrag (Summe der Produkte) 68,00 €
Ausgangsbetrag 68,00 € x Faktor Bodenwert (1.) 1,01 = Steuermessbetrag 69,185 €
Das Ergebnis wird jedoch auf volle Euro abgerundet. Also beträgt der Steuermessbetrag für die Beispielimmobilie 69,00 €.
So, ich hoffe, ich konnte das Verfahren hier einigermaßen nachvollziehbar erklären, wie Ihr Euren Bescheid über den Grundsteuermessbetrag selbst überpfüren könnt.
Bittet beachtet, dass es natürlich für kompliziertere Immobilienkonstellationen noch etwas komplizierter wird, aber im Grunde sollte das Verfahren überall gleich sein. Zumindest für Wohnimmobilien.
Bitte beachtet auch, dass diese Ausführungen keine steuerrechtliche oder juristische Beratung oder Prüfung ersetzen und ich hierfür keine Haftung übernehme!
Wenn Ihr auf Nummer sicher gehen wollt, lasst den Steuerbescheid bitte von eurem Steuerberater oder Fachanwalt überprüfen.
Sollte Ihr das noch immer als zu kompliziert ansehen, dann können sich all meine Kunden gerne an mich wenden. Aber auch die, die vielleicht mal meine Kunden werden wollen 😉
Ruft mich an oder schickt mir ein Mail, damit wir einen Termin vereinbaren können!
Ganz nach dem Motto:
Nur wer informiert ist, kann Entscheidungen treffen!
Würde mich freuen, wenn ich Euch helfen darf!
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